Freie Hansestadt Bremen - das Projekt ZuBau
von Falko von Strauss und Torney
Der Artikel erschien im Dezember 2003 im Bundesbaublatt in leicht gekürzter Form. Der Absatz über die organisatorische Entwicklung der Bauverwaltung in Bremen ist hier enthalten.
ZuBau heisst eigentlich "Zustandserfassung Bau", eine Aufgabe, die die Bauverwaltungen der Länder und der Kommunen in vielen Fällen noch vor sich haben, nachdem über Jahrzehnte die Instandhaltung der öffentlichen Bauten aus Geldmangel vernachlässigt wurde.
1. ZuBau = Zustandserfassung Bau
Ende 2003 hat der Bremer Baubetrieb (BBB) im Auftrag der Gesellschaft Bremer Immobilien (GBI) ein Großprojekt erfolgreich abgeschlossen, bei dem der Zustand von über. zwei Millionen Quadratmetern öffentlichem Gebäudebestand digital erfasst wurde. ZuBau ist die Abkürzung für "Zustandserfassung Bau" - erfasst wird der bauliche und technische Zustand der ca. 1900 im Besitz der Freien Hansestadt Bremen (FHB) befindlichen Gebäude und Liegenschaften einschliesslich der geschätzten Kosten für die Beseitigung der festgestellten Schäden.
2. Bremen auf Sanierungskurs
Bremen baut zur Zeit die Liegenschaftsverwaltung um, um die Effizienz zu steigern und um den über Jahrzehnte entstandenen Sanierungsstau bei den öffentlichen Liegenschaften zu beseitigen. Der Bremer Baubetrieb (BBB) ist ein Eigenbetrieb im Geschäftsbereich des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr. Aufsichtsorgan des Eigenbetriebes ist ein Betriebsausschuss, dem neben Parlamentariern auch Vertreter der Beschäftigten angehören. Ein Eigenbetrieb hat keine eigene juristische Rechtspersönlichkeit: Er ist Teil Bremens, aber als abgesondertes Vermögen "Sondervermögen" wird sein Haushalt kaufmännisch geführt und es wird kaufmännisch Rechnung gelegt.
3. Neustrukturierung der Bauverwaltung
Die bisher klassisch aufgebaute Bauverwaltung (Senat/Hochbauamt) wurde neu aufgestellt:
Die Gesellschaft für Bremer Immobilien mbH (GBI) ist ein Unternehmen der Freien Hansestadt Bremen und verwaltet als Eigentümervertreterin weite Teile des stadt- und landeseigenen Immobilienbestandes. Hierzu gehört insbesondere die treuhänderische Verwaltung der in zwei Sondervermögen (Land und Stadtgemeinde) zusammengefaßten etwa 1.900 Gebäude.
Die Gebäudeflächen betragen mehr als 2 Millionen Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Die verwaltete Grundstücksfläche etwa 13 Millionen Quadratmeter (13 Quadratkilometer).
Die GBI ist darüber hinaus für weitere Liegenschaften des allgemeinen Grundvermögens der Freien Hansestadt Bremen zuständig.
Das Gebäude- und Technikmanagement Bremen (GTM, ein Eigenbetrieb) ist zuständig für die Bauinstandhaltung, Bewirtschaftungsaufgaben sowie Technische und Kaufmännische Dienstleistungen im Zusammenhang mit den o.g. bremischen Immobilien.
Der Bremer Baubetrieb (BBB) erledigte bisher alle baubezogenen Aufgaben, die nicht im o.g. Aufgabenbereich enthalten sind, so z.B. die operative Betreuung der Bauten des Bundes im Land Bremen, Servicedienste für die anderen Gesellschaften und Betriebe, z.B. die gesamten öffentlichen Vergabeverfahren und Projektaufgaben, die keinen fortdauernden Charakter haben und nicht Neubau, Sanierung und/oder Instandhaltung betreffen.
Lt. Koalitionsvereinbarung zur Legislaturperiode 2003-2007 wird der Bremer Baubetrieb zum Jahresende 2003 als ein nächster Schritt der Neuaufstellung aufgelöst, sein Personal und seine Aufgaben gehen überwiegend in den Eigenbetrieb GTM über.
4. Voraussetzungen für ein zentrales Immobilienmanagement durch GBI
Die Einführung eines effektiven zentralen Immobilienmanagements setzt eine intensive Datenerhebung voraus, weil diese notwendigen Daten bei den Einrichtungen der öffentlichen Hand stets nur mehr oder weniger mangelhaft vorliegen.
Der Bremer Baubetrieb hat bisher nahezu umfassend den obigen Baubestand aufgemessen und in elektronischer Form (CAD oder Rasterdaten) dokumentiert. Damit ist das Grunddatum Fläche für den Bestand mit zusätzlichen Daten zu Reinigungsobjekten und Oberflächenqualitäten umfassend erhoben und auf dem neuesten Stand.
4.2. Zustandserfassung = ZuBau
Der Immobilieneigentümer bzw. dessen Verwalter (GBI) benötigt aber auch Erkenntnisse über den baulichen und technischen Zustand seiner Immobilien. Die Bauverwaltungen der Länder und der Kommunen haben in den Zeiten, in denen ausreichende Mittel für die Bauinstandhaltung zur Verfügung standen, regelmässig sog. "Baubedarfsnachweisungen" geführt, in denen der Instandhaltungsbedarf systematisch (papiergebunden) aufgrund von regelmässigen Ortsbegehungen aufgelistet wurde. Nachdem jedoch auch in Bremen die Mittel aufgrund der zunehmenden Sparmaßnahmen so gering bemessen wurden, dass praktisch nur noch die Durchführung von Not- und Sofortmaßnahmen möglich war, wurde die systematische Dokumentation des Verfalls - was es letztlich geworden wäre - eingestellt. Damit enstand die Notwendigkeit einer neuen umfassenden Bestandsaufnahme als neuer Sockel einer dann - unter der Voraussetzung der Sanierung und der ausreichenden Mittelbereitstellung - weiterzuführenden Datenbasis über den Bauzustand. Diese Zustandserfassung erhielt in Bremen den griffigen Namen "ZuBau".
4.3. Immobilienbewertung
Als letzter Schritt bei der Erstellung einer Datenbasis für ein kaufmännisches integriertes Immobilienmanagement ist die Objektbewertung zu sehen. Hierzu sind Flächenaufmass und Zustandsbewertung zwingende Voraussetzung, das Ergebnis der Objektbewertung ist der Geldwert, mit dem das Objekt in die Bilanz des Sondervermögens, welches von der GBI verwaltet wird, eingeht.
5. Kernproblem Instandhaltungsrückstau
Durch versäumte Instandhaltung, Sanierung oder Instandsetzung der Immobilien befinden sich viele Städte und Gemeinden - so auch Bremen -mit dem Erhalt ihrer Immobilien in einem gefährlichen Rückstand. So waren einerseits die verfügbaren Mittel für die Bauunterhaltung extrem knapp, andererseits waren die erforderlichen Maßnahmen an den Gebäuden und deren Kosten nur rudimentär oder gar nicht bekannt.
Unter diesen Voraussetzungen können die Kommunen keine gezielte Planung und Steuerung zur Bauunterhaltung ihrer Immobilien durchführen. Die Kosten für notwendige Maßnahmen zum Bauerhalt wurden meist nur grob geschätzt oder schlicht vom Vorjahr fortgeschrieben. Insofern existierten in der Regel weder fundierte Budgetpläne, noch konnten die erforderlichen Mittel erfolgreich angemeldet werden. Können die mittelfristigen Kosten für Instandhaltung, Sanierung oder Instandsetzung der nächsten Jahre nicht eingeschätzt werden, ergeben sich dadurch auch bedeutende Schwierigkeiten bei der Verwendungsbeurteilung der Immobilien.
Vorhandene Informationen über aktuelle Zustände und bereits durchgeführte Baumaßnahmen wurden zudem oft lückenhaft und unsystematisch erfasst. Häufig befanden sich vorhandene Daten verstreut in Aktenarchiven, Excel-Tabellen oder Datenbanken. Um die nötige Datenbasis zu schaffen fehlten geeignete Möglichkeiten effizienter und kostengünstiger Datenerfassung, sowie Instrumente zur Verwaltung und Pflege des erhobenen, aktuellen Datenbestandes.
6. Ziele des Projektes Zustandserfassung
Die bauliche und technische Zustandserfassung ist - wie weiter oben ausgeführt - nur ein wesentlicher Baustein der insgesamt für ein effizientes zentrales Immobilienmanagement erforderlichen Datenbasis. Wegen der enormen Menge der zu erfassenden Daten und der Vielzahl der beteiligten Dienstleister und Personen war eine klare Definition der Methodik und der Datenstrukturen erforderlich. Eine einheitliche Schulung der aus verschiedenen Firmen kommenden Erfassungsteams war ebenfalls Voraussetzung. Datenstrukturen und Instrumente mussten für eine langfristige vielseitige Auswertbarkeit und eine einfache Pflege des Datenbestandes ausgelegt werden. Die Kosten für die Beseitigung der festgestellten Mängel sollten möglichst vor Ort gem. DIN 276 ermittelt und festgehalten werden. Eine Priorisierung der erforderlichen Maßnahmen nach Jahren, Bauteilen und Gewerken ist mittlerweile erstellt: Das heißt, dass für den Zeitraum nächsten 10 Jahre alle erforderlichen Maßnahmen und Kosten für den Bauunterhalt nach Prioritäten gestaffelt werden sollten. Der Vorteil: Wird z.B. ersichtlich, wie viele Fenster und Fassaden im Jahr 2005 bei bestimmten Gebäuden erneuert werden müssen, lassen sich Auftragsvolumina besser koordinieren und bündeln. Ein Plus in punkto Kostenminimierung.
Eine weitere Anforderung bestand darin, den Qualitätsstandard erfasster Daten durch den Einsatz eines Qualitätsmanagements zu sichern.
Exakt im geplanten Zeitrahmen von 18 Monaten und mit erheblichen Budgeteinsparungen kann der Bremer Baubetrieb das Projekt jetzt den eigenen Vorstellungen entsprechend zum Abschluss bringen.
Ursprünglich wurde seitens des Auftraggebers ein papiergestütztes Verfahren mit Grobeinschätzung von Bauteilgruppen und Bauteilen gemäß DIN 276 geplant. Abgesehen davon, dass der hier eingeschaltete Berater die wesentlichen Arbeitsgrundlagen hierfür nicht beschaffen konnte, wäre dabei auch ein nicht unmittelbar verwertbares, auf rein statistischer Grundlage beruhendes Arbeitsergebnis entstanden.
Das jetzt durchgeführte Verfahren weist positionsweise Schadensbeschreibungen bzw. die Maßnahmen und Kosten für deren Beseitigung aus. Die Entwicklung der Leistungsverzeichnisse für die Instandhaltung fällt auf dieser Basis der zuständigen GTM erheblich leichter. Die ursprünglich eingeplanten Budgets für eine händische oder auf Excel-Listen basierende Erfassung nach der statistischen Methode lagen um ca. 35 % höher als die letztlich durch die GBI beauftragte Projektsumme. Selbst diese wurde nach Durchführung der Ausschreibung für Dienstleistungen der Datenerfassung noch um 20 % unterschritten, wozu das papierlose Verfahren der Erfassung und Kalkulation in einer Datenbank ganz wesentlich beigetragen hat.
Im Zeitaufwand ist trotz der nicht unerheblichen Verringerung der Kapazitäten um 4 Aufnahmeteams von anfänglich geplanten 10 der ursprüngliche Zeitrahmen von 15 Monaten eingehalten worden. Maßgeblichen Anteil an diesem Zeitrahmen hatten allerdings die Fristen für die notwendige EU-weite Ausschreibung der Erfassungsdienstleistungen. ( 3 Monate)
BBB hat auf diese Weise den überaus zeitkritischen und problematischen Auftrag im Zeit- und Kostenrahmen abgearbeitet – wer gleichartige Aufgabenstellungen zu bearbeiten hat, sollte in jedem Fall auf die Datenerfassung mit Datenbanken vor Ort setzen.
Die GBI als Auftraggeber bekommt in Kürze eine digitale Datenbasis zur Hand, die den nach Dringlichkeit und Kosten gestaffelten Baubedarf auf über 2 Millionen Quadratmetern Bruttogrundfläche ausweist. Es wird GEDAsoftâ Verwaltung der Firma AMB-Systeme GmbH eingesetzt, um die Gebäudeinformationen in einer Zentraldatenbank vielen Nutzern für unterschiedliche Zwecke einfach und übersichtlich nutzbar zu machen.
Dem Problem „Instandhaltungsrückstau“ des öffentlichen Gebäudebestandes kann jetzt sinnvoll, gezielt und mit genauen Kostenvorstellungen begegnet werden. Für das ausführende Unternehmen des BBB ist dies ein Erfolg – für andere Kommunen ein Beispiel für zukunftweisendes Instandhaltungsmanagement.
9. Projektbeteiligte
Auftraggeber: Gesellschaft für Bremer Immobilien |
Softwarehaus GEDAsoft®: |
Projektsteuerung: |
Auftragnehmer und Projektleitung: Bremer Baubetrieb Hutfilterstr. 1-5 28195 Bremen |
Qualitätssicherung: Fruhwirth Gebäudedaten KG mit Dipl. Ing. Sabine Grewe Teerhof 56 28199 Bremen |